Tag 22, Samstag der 29. September 2018 – Vigso Strand
Energie & Motivation – wir schaffen das!

Mit diesen Gedanken verließ ich das Zelt. Während unserer Rundreise haben wir so viele Rückschläge wegstecken müssen, da schaffen wir auch das! Ich hatte mir die Nummer des Bike-Shops aus Thisted von dem Fahrradmechaniker in Fjerritslev geben lassen und wollte nachfragen, ob diese Ersatzteile für mein Rad haben. Klar haben wir! Oh warte,… Haben wir doch nicht, aber kein Problem! In 2-3 Tagen wäre der Schalthebel da, wenn wir ihn bestellen! – keine Gute Nachricht. In 2-3 Tagen müssten wir schon mindestens 150 Kilometer weiter sein. An meiner motivierten Laune lies das aber keinen Abriss. Ich war mir sicher, dass wir es irgendwie bis Flensburg schaffen werden – zur Not eben mit dem Zug oder erneutem Trampen. Bereits während der Nacht war ich so motiviert, dass ich beinahe bei Dunkelheit meine Sachen gepackt und weiter gefahren wäre.

Mit diesem Ansporn packten wir ziemlich flott unsere Sachen zusammen, warfen unsere letzten Münzen in den Briefkasten und waren mir-nichts dir-nichts ein paar Kilometer weiter an einer verlassenen Tankstelle angekommen, wo es Zeit war Abschied voneinander zu nehmen. Olga fuhr normalerweise 70, 80 oder mehr Kilometer am Tag, was Woody und ich selbst mit funktionierender Schaltung in diesem rauen Nordsee-Wind kaum hätten bewerkstelligen können.
Der Bike-Shop in Thisted war keine Option mehr. Zwei oder gar drei Tage warten kam mir nicht in die Tüte, denn so würden wir es auf keinen Fall rechtzeitig nach Flensburg schaffen, ohne große Strecken überspringen zu müssen. Ich hatte nach wie vor die Hoffnung, zumindest bis Esbjerg durchfahren zu können, um von dort aus den Zug nach Flensburg zu nehmen.

Nach den ersten Zehn Kilometern bemerkte ich mein Knie wieder und nach 20 schmerzte es so sehr, dass ich unbedingt eine Pause einlegen musste. In einem kleinen Waldstück, vor dem immer stärker werdenden Wind und Regen geschützt, machte ich mir etwas zu Essen und lies Woody ein wenig schnüffeln. Einige Fahrradminuten später, kam ich zu einer kleinen Scheune, in der ich einen Mann werkeln sah. Ich fragte ihn, ob ich mich etwas vor dem Regen schützen könne – Klar! Komm rein! Willst du n Bier? – Da sag ich nicht nein. Es war zwar erst Mittag, aber irgendwo war es bestimmt schon nach vier. Auf einem Sofa sitzend in der Scheune, dachte ich über meine Möglichkeiten nach. Mein Knie tat immer noch weh und der Regen hörte einfach nicht auf. Klitmöller war noch etwa 25 Kilometer entfernt und ich war mir schon fast sicher, dass ich es mit den Schmerzen, dem Wind und Regen nicht schaffen würde.

Also hielt ich nach Sheltern in der Nähe ausschau. in Vigso Strand, nur acht Kilometer entfernt, gab es einen, zu dem ich hinfahren wollte. Ich verabschiedete mich von dem Mann, dessen Namen ich mir selbstverständlich nicht aufgeschrieben hatte und radelte durch den Nieselregen, während Woody fokussiert und lächelnd neben mir her trottete. Am Shelter angekommen – die Regenwolken hatte mittlerweile die Sonne durchgelassen – wollte ich mir ein Feuer machen um eine Kleinigkeit kochen zu können. Es war ein sehr kleiner, süßer Shelter mitten in einem Waldstück, kurz vor der Küste.


Nach einem ausgiebigen Mahl, löschte ich das Feuer und setzte mich mit Woody etwas in den Shelter. Trotz der Sonne war es ziemlich kalt, sodass ich im beschlossen hatte in unserem Windgeschützten Nachtlager an meinen Notizen zu schreiben. Plötzlich fing Woody zu lauschen und knurren an. Es schien, als würden einige Menschen vorbeikommen, denn warum sonst würde er dies tun – er ist halt ein kleiner Aufpasser. Ich lugte durch das Zelt, welches ich mal wieder vor den Shelter gespannt hatte und sag zwei schwer bepackte Frauen heran schreiten. Birgitte und Hanne wollten ein Wochenende zusammen durch Dänemark wandern und in den Sheltern übernachten. Da hier nur ein einziger kleiner Shelter war, bot ich an, in meinem Zelt zu schlafen, oder gemeinsam im Shelter zu nächtigen.

Während die beiden beim beratschlagen ihre Sachen in dem Mini-Hüttchen verstauten, entzündete ich aus der Glut ein neues Feuer, welches ich beim reingehen zuvor natürlich gelöscht hatte. Schlussendlich haben sie sich dafür entschieden gemeinsam mit Woody und mir den Shelter zu bewohnen. Zum Abendessen gab es Fischfrikadellen, sowie Brot mit Brie und selbstgemachter Apfelmarmelade. Von beidem baten sie mir etwas an, was ich – bevor es im Müll landen sollte – dankend annahm. Es gab drei Frikadellen zum Preis von zwei, da mussten wir einfach zuschlagen!, zum Glück war ich da um die dritte zu essen.

Wir unterhielten uns über Woodys und mein bisheriges Jütland-Abenteuer, über Jobs und dass die beiden eigentlich ganz unterschiedliche Vorstellungen vom Wandern haben. Birgitte ist mehr die rustikale – zwei oder drei Tage am Stück in Dänemark – wohingegen Hanne eher längere und sonnigere Wanderungen mit Zelt gewohnt war. Währenddessen entdeckten die beiden immer wieder neue Bilder in der Glut. Das sieht aus wie ein Krokodil!, sagte Hanne, ehe wir um 21 Uhr das Feuer löschten und ins Shelter-Bettchen stiegen.

Tag 23, Sonntag der 30. September 2018 – Touristenstadt Klitmöller & ein Kajak Surf Wettbewerb!
7 Uhr – gemeinsames Frühstück mit Obst und Kaffee

Das mit dem Zelt vor der Öffnung ist eine super Idee! Trotz des Windes war es schön muckelig drinnen!, meinten die beiden und freuten sich über frisch gekochten Kaffee. Wir unterhielten uns noch ein Stündchen, bis es Zeit war die Sachen zu packen. Sie gaben Woody und mir noch ein paar Äpfel mit, die sie nicht mehr wollten und brachen nach einem kleinen Abschiedsfoto mit Woody auf. Ich brauchte noch ein wenig, war aber wenige Minuten später ebenfalls bereit loszufahren. Nach wenigen Kilometern kamen wir zu einem Strandabschnitt kurz vor Hanstholm, wo aus einiger Entfernung schon zu sehen war, dass hier irgendwas los zu sein schien. Duzende Autos parkten hier und von Weitem konnte man einen Pavillon sehen, der am Rande der Dünen und dem Strand entgegen aufgebaut worden war. Kurzerhand entschied ich genauer anzusehen, was da los ist.

Ein Kajak-Surf-Wettbewerb!

Inmitten der Wellen waren Kajak-Surfer unterwegs, die von einer Jury unter dem Pavillon bewertet wurden. Aus ganz Dänemark, aber auch aus den umliegenden Ländern waren die Surfer angereist. Woody und ich verbrachten einige Stunden am Strand, schauten den Sportlern zu und ich unterhielt mich mit ihnen. Um halb 12 waren wir dann wieder auf dem Weg nach Klitmöller.
Die Strecke von Hanstholm bis Klitmöller ging durch eine 10 Kilometer lange Dünenlandschaft – auf und ab und auf und ab und … Es war zwar eine herrliche Szenerie, aber dieses ständige Hoch und Runter ging ganz schön an die Substanz. Immerhin hatte ich ja nur noch einen Gang, mit dem ich fahren konnte. Zwar konnte ich den linken Schalthebel – der für die vorderen Kettenblätter zuständig war – benutzen, doch war dies keine wirkliche Hilfe. Zudem sprang fast jedes mal die Kette raus, wenn ich von dem mittleren auf den niedrigsten Gang schalten wollte. Das tat dem ganzen aber kein Abbruch, sodass ich einfach langsam und entspannt die Dünen entlang fuhr, während ich Woody ein wenig laufen lies.

Klitmöller war wie ich es mir vorgestellt hatte: überlaufen von Touristen, eng, normal-schöner Strand – einfach viel los. Wir gingen zu einem kleinen Restaurant am Strand, setzten uns nach draußen, da Woody nicht mit rein durfte und bestellten etwas zu Essen. Genau genommen bestellte ich etwas – Woody musste sich mit etwas Wasser und ein paar Pommes von mir begnügen. Danach ging es aber auch schnell weiter. Ich wollte mich hier nicht weiter aufhalten. Bestimmt ist es schön für die ein oder anderen, aber für mich war in diesem Moment klar, dass ich Klitmöller als Pflichtbesuch, weil ich schon mal da bin, abhaken werde.


Wir fuhren noch weitere 20 Kilometer zu einem Shelter, den ich zuvor ausgesucht hatte. Dieser war nun wirklich mal Mitten im Nirgendwo!. Keine Straße – lediglich ein Trampelpfad mit zwei Reifenspuren, führte uns zu unserem Nachtlager, zum Shelter im Thy National Park. Genau so stelle ich mir das vor! Nicht unbedingt die komplette Einsamkeit, wobei die ab und an auch sehr schön ist, jedoch die Abgeschiedenheit des Ortes – Weg vom ganzen Trubel und Touristentum.

Wir setzten uns sofort an die Feuerstelle, aßen ein bisschen und kamen nach den Aufregenden Tagen mit Victor, Olga, Birgitte und Hanne etwas zur Ruhe. Heute Abend genossen wir die Zweisamkeit, schauten dem Atemberaubenden Himmel zu, wie die Sonne langsam verschwand und gingen früh ins Bett.
Heute Nacht bleiben wir allein.

Tag 24, Montag der 01. Oktober 2018 – Bunker-Shelter in Thyboron!
Woody! Heutiges Ziel? Die Fähre nach Thyboron!

Das sollte eigentlich ziemlich einfach machbar sein, da der Fährhafen nur knapp 30 Kilometer entfernt war. Dass wir es komplett mit dem Rad zurück nach Flensburg schaffen würden, hatte ich schon vor ein paar Tagen abgehakt. Es galt jetzt daran, die restliche Strecke so zu planen, dass wir pünktlich am Samstag Mittag wieder in Flensburg sein würden, um den Zug zu erwischen. Um 12 Uhr fuhren wir nach einem ausgiebigem Frühstück und morgendlichen Kuschelattacken los, nichts ahnend, dass die folgenden 12 Kilometer wohl die spannendsten und schönsten werden würden, die wir je mit Sack und Pack gefahren sind: Es ging quer durch den Thy National Park!

Wahnsinn, genial, toll, super! Es hat unglaublich viel Spaß gemacht den Anhänger und das Fahrrad durch Sand, kleinere Gruben & Fahrrillen oder Grashänge herauf- und herab zu manövrieren. Zum Glück spielt das Wetter mit, dachte ich nach etwa der Hälfte der Strecke. Im Regen wären wir hier sicher nicht weit gekommen. Ständig musste ich das Fahrrad und den Anhänger durch kleinere Sandbänke schieben. In einem kleinen Video kannst du dir selbst ein Bild davon machen, wie wir diese zwei Stunden verbracht haben.
Meine Action-Cam kam hier voll auf ihre Kosten (Für so ein billig-Ding gar keine schlechte Qualität, oder?). Fast die gesamte Strecke war genau so, wie in dem kleinen Video – es war einfach herrlich! Als wir dann aus dem Nationalpark raus kamen, wartete schon der nächste Atemberaubende Streckenabschnitt auf uns: etwa 6 Kilometer eine Straße zwischen Zwei Fjords entlang, bis zum Fährhafen.


An der Fähre angekommen waren wir ungefähr genau so fix wieder runter, wie wir rauf gefahren waren. Keine 10 Minuten dauerte die Überfahrt nach Thyboron. Tagesziel erreicht!, sagte ich zu Woody und tanzte mit ihm eine Runde ums Fahrrad. Wir fuhren durch das Städtchen zu unserem Shelter und entdeckten eine öffentliche Toilette, wo wir unsere Wasservorräte auffüllten. Dann das Zeichen: „Bunker Shelter voraus!“ In einem Bunker übernachten? Wie geil ist das denn! Dort angekommen musste ich aber feststellen, dass es eher ein Zelten im Bunker-Shelter werden würde, da dieser schon ziemlich vom Sand verschlungen war. Nichts desto trotz: Dies war einer der wohl besten Shelter, in denen wir während unserer gesamten Fahrt waren.


Das war es aber nicht nur wegen der Tatsache, dass wir in einem Bunker übernachten würden, sondern auch wegen dem sensationellen Strand direkt hinter der Düne. Er war fast so wie der in Skagen, nur dass es um einiges windiger und verlassener war. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten so stark wehte es. Vor dem herfliegenden Sand suchte ich häufig hinter Bunkern schutz – nur Woody schien das nicht zu stören. Der schnüffelte den Strand entlang, ging von einem Bunkerköpfchen zum anderen und freute sich über die tolle Luft. Keine Touristen – nur ein Pärchen haben wir während unserem gesamten Aufenthalt hier gesehen. Hier kann man Zeit für sich haben! – Wunderschöne Strandlandschaft. Tausendfach besser und schöner als Klitmöller!

Wir verbrachten noch einige Zeit hier am Strand, bis das Meer die Sonne endgültig verschlungen hatte. Jetzt etwas essen, dann etwas schreiben und dann etwas schlafen! Morgen geht es weiter!, sagte ich zu Woody – nichts ahnend, dass der morgige Tag gar nicht so schön werden würde…
Warum der nächste Tag für uns eher nicht so schön verlief und wie unserer Abenteuer auf den letzten Zügen nach Flensburg nochmal etwas durchgeschaukelt wurde, erfährst du in der nächsten Etappe.
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Ein Kommentar zu „Etappe 9: die wilde Seite Jütlands“