Der Drang nach Freiheit…
… ist neben dem Verlangen nach Gesundheit, gestilltem Hunger und sozialer Akzeptanz & Nähe, der wohl größte, den ein Mensch in seinem Leben bewusst oder unbewusst erfährt. Was ist aber diese Freiheit eigentlich? Ist es die geistige Bewegung, die uns zu unseren Entscheidungen bezüglich Wünschen, Träumen und Bedürfnissen führt, oder ist es eher ein Gefühl von Unabhängigkeit gegenüber Umständen, die unsere gefühlte Freiheit versuchen einzuschränken? Während ich mit meinem Hund Woodstock die erste, von hoffentlich vielen weiteren Touren, zum nördlichen Ende des Rheins – dem EuroVelo15 – gefahren bin, habe ich sehr oft über meinen Freiheitsgedanken nachgedacht. Ich rede hier ganz bewusst nur von meinem Freiheitsgedanken, da ich der Meinung bin, dass jeder seine Freiheit nur selbst und mit den natürlichen, als auch staatlichen Gesetzen & Rechten, sowie kulturellen Werten & Normen bestimmen und eingrenzen kann. In Ländern wie Deutschland, Frankreich, England, den USA, uvw. hat die dort aufwachsende Bevölkerung bereits einen großen Schritt in Richtung Freiheit getan, ohne dies vorher entscheiden zu können. Menschen, die jedoch in von Krieg, Tyrannei und Verfolgung beherrschten Ländern aufwachsen, versuchen nur zu Recht, diesem zu entkommen.
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.
Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.
(„Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“
– Artikel 1, der Menschenrechte)
Ist es die gleiche Art Freiheit, die diese Menschen versuchen zu erlangen, welche auch von der Bevölkerung der reichen, demokratischen, wohlfahrtsstaatlichen & redefreien Ländern gesucht wird? Ich denke nicht. Die flüchtende Bevölkerung aus Syrien, Irak, Afghanistan, Venezuela und viel zu vielen weiteren Ländern dieses Planeten, wollen in aller erster Linie Frieden und Sicherheit. Väter & Mütter geben ihr letztes Hemd, damit ihr Kind ins reiche Europa flüchten kann, während Sie selbst jederzeit dem Tode nicht mehr entkommen könnten. Sie suchen Schlepper auf, zahlen Ihnen diverse Mengen Geld ohne zu wissen, wann & ob ihre Kinder das Ziel jemals erreichen werden. Zusätzlich zu den überfüllten und restaurierungsfälligen Booten, die sie auf Grund der geschlossenen Landwege gezwungen sind auf sich zu nehmen, werden Ihre Möglichkeiten auf Freiheit von vielen Politikern & Staatsoberhäuptern zunehmend erschwert. Dies soll kein Kommentar dazu werden, wie wichtig ich es finde, dass diesen Menschen Hilfe und die Möglichkeit des Friedens geboten wird, denn ich finde, das geht aus dem oben genannten 1. Artikel der Menschenrechte schon gut hervor. Es macht mich dennoch wütend, wenn ein großer Teil der Menschen denkt, sich durch diese Menschen in ihrer Freiheit eingeschränkt, von diesen bedroht fühlt, oder bestimmte Gruppierungen dies als Angstmache á la 1933 benutzen. Die Frage, die ich mir dann stelle ist, welche Freiheit diese ängstlichen und beschränkten Menschen der reicheren Länder versuchen zu bewahren? Dieser Frage kann man ewig nachgehen, ohne einen wirklich nennenswerten und akzeptablen Erklärungsansatz zu finden.
Damit ich mich also mit diesem Beitrag nicht verirre und versuche etwas so bemitleidenswertes zu erfassen, wie die Anhänger von Pegida, AFD, front National, uvw., möchte ich versuchen meinen eigenen Freiheitsbegriff zu erläutern. Dieser schließt den 1. Artikel der Menschenrechte, wie oben angeführt, sowie die absolute Befürwortung und Anerkennung von Flüchtlingshelfern und -unterstützern jeglicher Form, mit ein. Wie könnte man sich denn selbst in Freiheit wiegen, wenn man selbst Freiheiten unterdrückt? Dies würde das Natürliche Gesetz der Moral, wie es auch in allen bekannten Religionen benutzt wird, vollständig außer Kraft setzen. Das was man dir tu, das tue auch für andere. Oder in umgekehrter Form: Was du nicht willst das man dir tu, das füge keinem andern zu. Dies führt für mich ohne Umschweife dazu, dass dem oben genannten Aspekt, dem Notstand auf der Flucht lebender Menschen, ohne Nachzudenken geholfen wird und diesen nicht die Einreise erschwert, oder gar verwehrt wird.
Die gefühlte Freiheit, über die ich hier schreiben möchte, setzt voraus, dass man sich bereits in einem Sicheren und nicht-verfolgtem Milieu befindet, wie z.B. eines der Länder, die ich oben bereits angeführt habe. Während ich mich mit Woody im Zug Richtung Flensburg, dem Beginn unserer zweiten großen Tour, befinde, habe ich etwas Zeit gefunden meine Gedanken zu sammeln und nieder zu schreiben. Für die nächsten vier Wochen werden wir uns wieder freier fühlen, als in den letzten 5 Monaten. Da ich hier jedoch nicht über meine Jütland-Küsten-Umrundung schreiben, sondern das dadurch bei mir hervorgerufene Gefühl philosophieren möchte, werde ich mich nun diesem zuwenden.
Meiner Meinung nach gibt es 2 Freiheitsbeschränkungen, denen jeder Mensch auf Erden unterworfen ist.
#1 Die Beschränkung der Zeit
Eine Beschränkung und zugleich der Auslöser für das eigentliche zu Schätzen-wissen der Freiheit, ist die Zeit. Jeder Mensch ist ihr gleichermaßen unterworfen und somit eingeschränkt in den Möglichkeiten. Niemand kann seinen 18. Geburtstag zweimal erleben, kein Mensch sieht die Geburt der/des Erstgeborenen erneut und auch keiner wird sich den Blinddarm zwei mal herausnehmen lassen können. Vor einem Jahr war ich mit meinen 28 Jahren in einer sehr großen Lebenskrise, in der ich versucht habe zu begreifen, wo meine Zeit geblieben ist. Ich habe noch keine abgeschlossene Ausbildung, mein Studium läuft eher so lala und weiß gar nicht so recht wohin ich mit mir soll. An den ersten beiden Attributen hat sich in der Zwischenzeit noch gar nichts geändert und dennoch bin ich nun genau dort, wo ich wahrscheinlich immer hin wollte. Ich nutze diesen Zeitpunkt gerade, damit ich diese Zeilen schreibe, die du in just einem anderen, diesen Zeitpunkt, lesen kannst. Ich habe mich also frei und bewusst dafür entschieden, mich hinzusetzen und zu bloggen. Auch habe ich mich dafür begeistert mit meinem Hund Fahrrad zu fahren, wann immer die Zeit es zulässt. Wann die Zeit es zulässt ist wiederum etwas, was oft mit dem Sprichwort Zeit ist Geld, beantwortet werden kann. Das soll natürlich nicht heißen, dass wir der Zeit während des Geldverdienens nur roboterähnlich und unemotional nicht auch einen gewissen Wert beimessen können, ganz im Gegenteil: Arbeit sollte alles andere als permanente Belastung betrachtet werden.
Wir investieren unsere Zeit darin Geld zu erwirtschaften,
welches wir anschließend in einen anderen Zeitabschnitt ummünzen,
welchem wir der vorherigen Zeit einen größeren, gefühlten Ertrag beimessen.
#2 Die Beschränkung der Natur
Die Zweite Beschränkung erfahren wir durch die allgegenwärtige Natur. Hiermit ist die biologische Natur gemeint – das nur bedingt beeinflussbare Wetter. Selbst wenn wir wollten, könnten wir durch unsere bloße Gedanken- oder Körperkraft keine grauen Wolken verdrängen, oder den Tag in die Nacht umwandeln. Das Einzige wozu wir wohl in der Lage sind, scheint das Klima zunehmend zu verschlechtern, in dem wir uns dafür bezahlen lassen, günstiges Fleisch essen & Autos fahren zu können, die mit Öl und Benzin betrieben werden, weil ein Großteil nicht bereit dazu ist von Fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energiequellen zu wechseln und sich der Gefahr des eventuell kurzzeitigen, industriellen Rückschritts, oder Verteuerung des derzeitigen Wohlstandsstandards, auf Grund der zu erwartenden Forschungsperiode, zu verschränken. Diese Profitgier und Ignoranz gegenüber der weit entfernten Zukunft folgt zum Teil sicher aus der Beschränkung der Zeit.
Wir müssen es ja nicht mehr miterleben. Und dennoch, bleibt die Hoffnung, dass ein baldiger Wandel der Denkweise eintritt, um unseren Kindern und Kindeskindern die Freiheitsbeschränkung Natur nicht allzu groß zu hinterlassen.
Meine gefühlte Freiheit
Nachdem man nun die immer und für alle gleichermaßen vorhandene Grenzen abstecken kann, möchte ich im Folgenden über mein persönliches Freiheitsgefühl schreiben. Dies kann von deinem natürlich vollkommen abweichen, ob du dieses schon erfahren und entdeckt hast, oder nicht.
Ẃährend ich im März/April 2018 für zwei Wochen in den Niederlanden unterwegs war, habe ich sehr schnell entdeckt, dass mich ein Gefühl der absoluten Unabhängigkeit und Freien Zeit übermannt hat. Sicher war es Freizeit, allerding hatte ich nicht im Kopf, dass ich in wenigen Tagen wieder am Schreibtisch arbeiten muss. Es kam mir vor, als hätte jemand die Timestop-Taste gedrückt und ich wäre der einzige, der nicht angehalten wird. Die Zeit schien still zu stehen und ich sagte mir bei allem, was ich mir anschauen wollte ‚ich habe ja alle Zeit der Welt!‘.
Unabhängigkeit ist da sicher einfacher nachzuvollziehen. Ich hatte, abgesehen von Woody und mir selbst, niemanden, auf den ich aufpassen oder auf den ich Rücksicht nehmen musste. Das soll jedoch nicht heißen, dass ich ein Leben als einsamer Hunde-Einsiedler dem Partnerschaftlichen oder Familienleben vorziehen werde. Ganz im Gegenteil. Es liegt immerhin in der Natur des Menschen, sich kümmern zu wollen, gebraucht zu werden und geliebt zu werden. Dies sehe ich jederzeit bei meinem Hund, Woodstock. Seit drei Jahren und ungefähr drei Monaten ist er nun bei mir. Hätte ich diese Form der Abhängigkeit nicht, würde ich mich sicher auch glücklich, aber eben anders-glücklich fühlen.
Das ultimative Gefühl des Loslassen-können, überall & jederzeit hin-und-weg-fahrens, geliebt- und gebraucht-werden von Woody.
Heute bin ich hier, morgen bin ich vielleicht schon dort.
Ob mit meinem Geist oder Körper, das weiß ich noch nicht
– Lass die Zeit & Natur doch einfach entscheiden –
Ich lasse mich also von der Zeit und Natur nicht beschränken, sondern sehe diese als eine Anleitung meiner Freiheit. Wann immer mir die Zeit einige Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, oder gar Wochen & Monate zur Verfügung stellt, ergreife ich diese, packe sie in meinen imaginären Rucksack und fahre in Gedanken los. Wann immer die Natur einen Strich durch die Rechnung machen will, Regen, Gewitter, brennende Hitze, Schnee – alles egal. Ich finde etwas, was dem gerecht wird und passe Woody und mich an. Noch nicht jetzt, doch bald und mit der notwendigen Zeit-ist-Geld-investition, habe ich einige Ideen, die Woody und mich resistenter gegenüber Naturumschwüngen machen sollen, sodass wir uns von der Natur auch bei schlechterem Wetter bald anleiten lassen können.
Nachdem du diesen Text gelesen hast, würde mich sehr interessieren, was du über diesen Beitrag denkst. Hast du ähnliche Gedanken über Freiheit? Oder denkst du, dass die Zeit und Natur als Beschränkung nicht ausreicht? Kommentier hier deine Meinung! Ich freue mich darauf!
Liebe Grüße
Woody & Kai
Ein Kommentar zu „Gefühlte Freiheit“